Ein letzter großer Tag – Rennbericht vom Triathlon Locarno am 05.09.2021

 

Nach den beiden kurzen Rennen im Juli und August hatte ich wieder richtig Bock auf eine Mitteldistanz. Ich war, natürlich, schon länger angemeldet, hatte dies aber als eine von vielen Optionen eingeloggt. Der Veranstalter hat hier auch von Anfang an signalisiert ganz nah am Athleten zu sein. Abhängig von der Corona Situation wusste man sofort, woran man war, egal in welche Richtung sich die Lage entwickeln würde.

Ein langes Wochenende in Locarno, mit Höhepunkt kurz vor der Heimreise!

Um das eher durchwachsene Urlaubsjahr etwas aufzupolieren, haben wir beschlossen, das Wochenende in Locarno etwas zu verlängern. Anreise am Donnerstag, vor Ort etwas entspannen und das Wetter genießen, ein bisschen Urlaubs-Feeling aufkommen lassen und nach dem Rennen wieder ab nach Hause. 

Das Wetter war super, wir waren wieder im Sommer angekommen und Locarno hat ein paar schöne Ecken, die es uns nicht schwergemacht haben, abzuschalten. Das Freibad, in dem auch der Wettkampf startete, ist super und wirklich schön, vor allem auch für Kinder.

Meine letzte Mitteldistanz war inzwischen zwei Jahre her, ich erwartete deshalb viel Aufregung und einige Fehler durch fehlende Routine. Nichts dergleichen. Ich war sehr entspannt. Am Tag vor dem Start, Samstag, haben wir bei den ganz kleinen zugesehen und dann noch ein paar Läufer vom kurzen Duathlon und vom Sprint Triathlon angefeuert. Liam hatte so viel Spaß dabei, dass wir ihn nicht mehr zum Abendessen motivieren konnten.

Samstagabend hatte ich sogar ein Glas Wein, was ich sonst nie mache. „Kein Alkohol in der Rennwoche!“, ist sonst immer die Devise.

Auf dem Weg zu einer neuen Bestzeit?

Sonntagmorgen um 05:30 Uhr ging der Wecker. Eine noch sehr humane Zeit, im Vergleich zu anderen Veranstaltungen (beim IRONMAN in Zürich war es 03:00 Uhr). Der Ablauf war wie immer und hat auch problemlos funktioniert: Essen, packen, Reifendruck kontrollieren, los. Keine Anzeichen von großer Nervosität. Ich bin immer einer der ersten in der Wechselzone und somit eigentlich auch immer etwas zu früh. Das führt deshalb immer dazu, dass ich mich langweile und mir mit allem so viel Zeit lasse, dass ich am Ende irgendwie hastig noch irgendeine Kleinigkeit machen muss. Auch das gab es dieses Mal nicht. Es schien ein ruhiger und konzentrierter Tag zu werden. Die Wechselzone wurde für alle zur gleichen Zeit geschlossen. Das bedeutete, dass ich anderen Athleten beim Start zusehen durfte, denn mein Start kam zum Schluss. Inzwischen sind auch Frau und Kind eingetroffen, konnten mir nochmal viel Glück wünschen und mich zum Start verabschieden.


Massenstart beim Triathlon Locarno

Massenstart beim Triathlon Locarno

08:55 Uhr, los! 1.9km schwimmen. Massenstart – ich liebe das! Alle starten gleichzeitig. Man weiss, wo man ist und jeder, der einen überholt, ist einfach auch direkt vor einem platziert. Punkt. Mein Motor wollte aber nicht so recht anspringen. Anfangs noch sehr nah an den vorderen Konkurrenten, wurde der Abstand schon nach kurzer Zeit immer grösser und ich wurde von ein paar wenigen eingesammelt. Ich war allerdings, wie immer, alleine unterwegs. Mir muss noch jemand erklären, warum das immer mir passiert. Die Strecke war U-förmig, also ca. die Hälfte der Distanz in eine Richtung schwimmen, ein paar Meter nachrechts, dann wieder Richtung Start. Auf dem Rückweg bin ich sehr nah an den Bojen entlang geschwommen, doch plötzlich höre ich eine schrille Pfeife und sehe eine der Helfer in ihrem Kanu vor mir. Ich bin vom Weg abgekommen und musste weiter nach links und unbedingt die Boje rechterhand passieren. Unglaublich, das ist mir in elf Jahren Triathlon bisher nur einmal passiert und das war mein erster Wettkampf auf der Insel Norderney, Schwimmen im offenen Meer. Peinliche Erfahrung, ich stieg dort als letzter aus dem Wasser. In diesem Fall zwar nicht ganz so schlimm, allerdings kostete der Umweg kostbare Zeit und verwirrte mich sehr. Es lief eigentlich sehr gut, ich hatte auf den letzten Metern einen guten Rhythmus und war mir sicher, in einer durchschnittlich guten Zeit aus dem Wasser zu kommen. So waren es 100 Meter und wegen weiterer Verwirrung vor dem Ausstieg (offensichtlich ging es nicht nur mir so, gleich mehrere andere wären noch weiter geschwommen), schätzungsweise zwei Minuten mehr auf der Uhr. Das ging ja gut los!

Junior musste leider ein paar Minuten länger warten, als gewohnt!

Junior musste leider ein paar Minuten länger warten, als gewohnt!

Ab aufs Rad. Ich bin nicht der schnellste in der Wechselzone, aber auch nicht der langsamste. Den Neo konnte ich flott loswerden, die Routine war also wieder da. Das Rad habe ich auch nicht wieder verfehlt und somit fand ich mich zügig auf dem Sattel, nahm einen Schluck und tritt in die Pedale. Rhythmus finden, nicht zu viel Gas geben, denn auf den ersten km geht’s nach oben. Da verpufft die Power schonungslos.

Die Beine waren gut. So gut, dass ich jenseits der eigentlich vernünftigen Wert treten konnte, ohne zu brennen. Das Gefühl hat mich bestätigt, denn ich hatte schon länger die Vermutung, zumindest auf dem Rad eine Leistungssteigerung spüren. Komischerweise reflektiert der letzte Leistungstest dieses Gefühl nicht, aber solche Tage scheinen wohl die seltenen Tage mit sehr guten Beinen zu sein.

Das einzige, was nicht so gut war, war meine Blase! Immer wieder musste ich mal dringend pinkeln, wollte aber nicht anhalten und absteigen. Der Druck war nicht so groß, dass ich nicht weiter in die Pedale hämmern konnte. Also blieb ich dabei. Ein paar Versuche, während der Fahrt abwärts es einfach „laufen zu lassen“ waren erfolglos. Darin habe ich keine Übung, oder die Zeit war einfach zu kurz. Zudem hatte ich etwas Respekt vor dem Geruchserlebnis und dem Reinigungsaufwand, die dies mit sich bringen könnte (Schuhe).

auf in die letzten Kurven vor der Wechselzone!

auf in die letzten Kurven vor der Wechselzone!

Nach 140 Minuten stieg ich vom Rad. Ich war allerdings ein wenig irritiert, weil auf den letzten zehn Kilometern meine Schaltung (e-tap) nicht das tat, was sie sollte. Beim runterschalten wurde(n) nicht nur ein Gang, sondern gleich alle noch verfügbaren Gänge geschaltet und vorne wechselte der Umwerfer gleichzeitig auf das kleine Blatt. Sowas hatte ich noch nie. Ist nicht lustig, wenn man aus einem hohen Gang auf flacher Straße plötzlich in den kleinsten verfügbaren Gang geworfen wird. Schließlich hatte ich für die hohe Geschwindigkeit auch einen gewissen Druck auf den Pedalen. Das führte schlussendlich dazu, dass sich gefühlt meine Trittfrequenz von einer auf die andere Sekunde verdoppelte. Die Schaltung beruhigte sich, ich konnte irgendwann wieder zurückschalten, jedoch hat sich das Prozedere noch mehrfach wiederholt. Das sind die Tücken der Technik! Was in tadellosem Zustand ein Traum ist, kann mit kleinen Fehlerchen zu einem Albtraum werden. Zum Glück war ich quasi am Ziel angekommen, der zeitliche Verlust war nicht groß und ich gab dem keine Gelegenheit, mich weiter aus dem Konzept bringen zu lassen.

Eine neue Bestzeit für diese Distanz (02:20 Stunden für 90km). Allerdings eher flache im Vergleich (etwas weniger als 500 Höhenmeter).

Noch während der Probleme mit der Schaltung überschlug ich grob, in welcher Zeit ich vom Rad steigen würde, welche Gesamtzeit ich bis dahin (inkl. Schwimmen) hätte und wieviel Zeit mir dann noch für den Halbmarathon bliebe, wollte ich eine neue persönliche Bestzeit erreichen (resp. in welcher Zeit ich ins Ziel laufen könnte). Mehr dazu weiter unten.

Der Wechsel in die Laufschuhe verlief wieder vernünftig, konzentriert und ohne etwas zu vergessen. Um Sekunden geht es mir nie in der Wechselzone. Socken anziehen, Sonnenschutz für Kopf und Augen, Verpflegung nicht vergessen (so wie am Urnersee) und los.

Erste Runde (von acht) des Halbmarathons!

Erste Runde (von acht) des Halbmarathons!

Triathlon ist Multisport! Schlecht laufen, ist wie bremsen!

Acht Runden waren zu laufen, um am Ende – gem. Uhr – auf 20.8 km zu kommen. Im Gegensatz zu meinem Leistungsvermögen auf dem Rad, ließen mich die Werte im Training nicht auf eine fulminante Laufleistung hoffen. Mein Unfall mit Schlüsselbeinbruch im April darf hier auch nicht unbeachtet bleiben.

Trotz der Power Parade auf dem Rad, konnte ich mit gutem Gefühl loslaufen. Ich brauche immer ein paar Minuten, um meine Laufbeine zu spüren, aber das Pacing war vernünftig. Dabei gilt: Am Anfang bloß nicht überdrehen, ein Halbmarathon ist ein ganzes Stück Arbeit.

Mit Freude läuft es sich am besten!

Mit Freude läuft es sich am besten!

Da war ja noch die Blase, die geleert werden musste. Noch vor Ende der ersten Laufrunde musste ich das öffentliche WC im Park aufsuchen. Nach wenigen Sekunden war das erledigt. Dachte ich!

Langsam wurde ich langsamer, so sollte es aber eigentlich nicht laufen! Man sollte langsam etwas schneller werden, sodass man zum Schluss am schnellsten läuft. Zumindest ist das die vielfach gepredigte Theorie des Negativ-Splitting. Gegen Ende von Runde vier, also nach knapp der Hälfte des Laufes, war noch eine weitere WC-Pause nötig, welche jedoch nicht nur ein paar Sekunden dauerte. In Summe haben mich diese Pausen ca. zwei Minuten gekostet. Mit jeder weiteren Runde spürte ich die schindende Energie, zudem kommen natürlich immer noch andere kleine Problemchen hinzu. Seitenstechen, Hitze, Schmerzen generell.

Ohne Energie keine Leistung!

An dieser Stelle muss, nein, mache ich sehr gerne etwas Werbung für meine Verpflegung. Ich habe nie zuvor so regelmäßig und durchgehend gute Erfahrungen mit der Energieversorgung gemacht, wie mit der Pampe von NFT-Sport. Sehr simpel und sehr verträglich. Und, um noch mehr Werbung zu machen, die besten Profis vertrauen auf das Zeug: Anne Haug, Florian Angert und Laura Philipp sind nur drei von vielen. Wer mehr Namen will, muss nur auf der Seite Athleten | NFT-sport stöbern.

Vor der Verpflegungsstelle auf der Laufstrecke nahm ich immer einen Schluck aus meiner Pampe, trank mit Wasser nach. Energetisch kann man so seine Versorgung individuell auf seine Bedürfnisse abstimmen und man ist autark unterwegs, ohne das Risiko der Unverträglichkeit.

Im Ziel wartet IMMER eine wohl verdiente Belohnung!

Im Ziel wartet IMMER eine wohl verdiente Belohnung!

Zurück zum Lauf: All die Schwierigkeiten waren schnell verflogen, da ich wegen der acht Laufrunden natürlich auch immer wieder in den Genuss kam, Frau und Kind zu sehen und mir geht einfach das Herz auf, wenn ich meinen kaum drei Jahre alten Sohn sehe, wie er sich begeistern lassen kann und anfeuert. Immer wieder aufs Neue konnte ich mich motivieren, dran zu bleiben und durchzuziehen. Und ganz ehrlich: nach der Hälfte eines jeden Laufes wird es immer leichter, weiter zu machen. Der Gipfel scheint erklommen und man muss nur noch „laufen lassen“ und unten wieder ankommen. Auf den letzten wenigen Kilometern konnte ich alle Reserven mobilisieren und noch zwei/drei ränge gut machen (Rang 9 AK / 23 gesamt nach Runde sechs; Rang 7 AK / 21 gesamt im Ziel). 

Keine perfekte Leistung, alles in allem aber ein gelungenes Rennen und eine persönliche Bestzeit von 04:34:28, was für mich eine Verbesserung von ca. 17 Minuten bedeutet. Zurückzuführen ist dies auf eine super Leistung auf dem Rad. Die nächste Saison wird zeigen, was wirklich möglich ist und darauf freue ich mich!

 
Damian Strzalkowski